Meine Partnersuche und meine Behinderung

Als ersten wirklichen Beitrag möchte ich die Problematik der Partnersuche hinsichtlich meiner körperlichen Behinderung thematisieren, was ich diesbezüglich erlebt habe und welche Hürden hier existieren.

Damit ihr ein besseres Bild von mir und den Auswirkungen meiner körperlichen Behinderung bekommt, beschreibe ich euch diese grob: Sieht man mich das erste Mal, fällt einem sofort auf, dass ich meinen Mundbereich nicht kontrollieren kann. Sprich, mein Mund steht offen, weshalb es, da ich auch hier keine Kontrolle habe, zu einem steten Speichelfluss kommt. Infolgedessen trage ich ein Lätzchen. Ein weiterer Punkt, der darauf fußt, ist, dass ich mich sowohl nicht sprechen als auch nicht „normal“ oder nennen wir es gesellschaftskonform essen kann. Außerdem habe ich auf meiner rechten Körperhälfte eine leichte Spastik, die bei meiner rechten Hand am deutlichsten ausgeprägt ist. In puncto Mobilität bin ich allerdings nahezu normal unterwegs – das bedeutet, dass ich ohne weitere Probleme in der Lage bin, zu gehen, zu laufen, zu springen und so weiter. Ich kommuniziere im Alltag mithilfe eines kleinen 7 Zoll Notebooks in Textform. 

An dieser Stelle möchte ich noch betonen, dass meine körperliche Behinderung nicht angeboren ist, sondern erst durch eine Hirnhautentzündung infolge einer Herpesinfektion mit 8 Monaten ausgelöst wurde. Sie ist dementsprechend kein genetischer Defekt. Es ist mir wichtig, das klarzustellen, weil ich in der Vergangenheit leider auch die Erfahrung gemacht habe, dass manche glauben, Behinderungen seien immer vererbbar.

Doch nun zurück zum eigentlichen Thema:

Seit 2003/2004 bin ich auf mehreren Partnersuche-Plattformen angemeldet und auch aktiv unterwegs. in meinem Fall hat sich bis heute kein einziger echter Kontakt in Form eines Dates ergeben. Solange etwas von meiner körperlichen Behinderung in meinen Profiltexten stand, kam es auf allen Plattformen zu exakt null Kontaktaufnahmen. Es gab lediglich eine Handvoll an sogenannten „Ich wünsch dir dabei viel Glück“-Anteilnahme-Kontaktaufnahmen.

Doch sobald ich in meinen Profiltexten den Abschnitt über meine körperliche Behinderung entfernte, kam es zu Kontaktaufnahmen und Matches. Allerdings verliefen die virtuellen Konversationen nur so lange gut, bis ich meine körperliche Behinderung in irgendeiner Art und Weise erwähnte. Dann brachen die Kontakte entweder sofort ab oder endeten auch wieder in sogenannten „Ich wünsch dir dabei viel Glück"-Anteilnahmen.

Bei vielen Plattformen fiel mir außerdem auf, dass zu dem Zeitpunkt, als meinen Profiltexten etwas über meine Behinderung zu entnehmen war, mich viele Frauen vorab blockierten, obwohl ich mit den Betreffenden noch gar keinen Kontakt hatte. Auch auf für behinderte Menschen spezialisierten Plattformen habe ich bisher keinen Erfolg gehabt. So ist wohl vermutlich meine Nicht-Fähigkeit, zu sprechen, selbst für andere körperlich behinderte Menschen zu speziell.

Darüber hinaus habe ich natürlich auch einige Versuche im wirklichen Leben unternommen. Diese waren ebenso nicht von Erfolg gekrönt. So habe ich hier größtenteils ähnliche Erfahrungen wie in der virtuellen Welt gemacht – abzüglich der offensichtlichen Tatsache, dass ich meine Behinderung dabei nicht zunächst verstecken kann, sondern diese von Anfang an für mein Gegenüber ersichtlich ist.

Doch selbst wenn es irgendwann einmal zu einer Beziehung käme, treiben mich diesbezüglich einige Sorgen um. Zum einen sind beispielsweise Zungenküsse in meinem Fall nicht möglich. Zum anderen wäre ein romantisches Essen mit mir vermutlich auch nicht machbar – zumindest nicht in der üblichen Art und Weise, wie man es sich eben vorstellt. Darüber hinaus sähe ich auch einige weitere kleinere Problempunkte. Aber worauf ich hier schlussendlich hinauswill, ist: Die entsprechende Partnerin müsste wirklich sehr tolerant sein.

Allgemein frage ich mich mit meinen nunmehr 35 Jahren (Stand Anfang 2021) immer öfter, ob ich überhaupt noch eine Frau in absehbarer Zeit finden werde, um mit ihr meine Wünsche für meinen Lebensweg umsetzen zu können. So verspüre ich den Wunsch einer Familiengründung. Gibt es da draußen eine Frau, die diesen Wunsch ebenso verspürt und dies mit mir in Angriff nehmen möchte? Natürlich möchte ich eine Partnerin auf Augenhöhe. So langsam aber sicher werden meine Sorgen deshalb immer größer, schließlich kann man ab einem gewissen Alter nicht mehr gefahrlos und sorgenfrei an Nachwuchs denken.

Sicherlich müsste ich dann auch etwas kompensieren, um meine Behinderung für eine funktionierende Beziehung, so gut es dann eben geht, auszugleichen. Aber dies sollte meiner Meinung nach ein gemeinsamer Prozess sein, da wohl jede Frau diesbezüglich auf etwas anderes Wert legen dürfte. Würde ich außerdem vorab an zig möglichen Kompensationen arbeiten, wie es mir einige Personen aus meinem Umfeld nahelegen, könnte mich das zu viel Energie kosten – und möglicherweise dazu führen, dass ich letztlich nicht mehr ich selbst wäre, sondern jemand anders, jemand, der dann in seinem grundlegenden Persönlichkeitskern nicht mehr zufrieden und glücklich wäre.

Ich kann von mir selbst behaupten, dass ich – auch dadurch bedingt, selbst nicht sprechen zu können – sehr gut zuhören kann und sehr einfühlsam bin, auch wenn einige da was anderes von mir behaupten würden. So gibt es die Theorie, dass, wenn man eine Fähigkeit verliert beziehungsweise nicht besitzt, sich im Gegenzug andere Fähigkeiten überdurchschnittlich verbessern.

Außerdem möchte ich im Rahmen dieses Textes meine submissiven Neigungen im BDSM-Bereich zumindest kurz erwähnt haben: Solche Neigungen sind bei mir vorhanden und tief in mir verankert. Es ist für mich gleichzeitig nicht relevant in Bezug auf eine Beziehung, in dem Punkt als dass meine Partnerin damit etwas anfangen können muss. Doch natürlich wäre es schön – völlig unabhängig davon, ob sie diesbezüglich dann dominant oder selbst devot wäre. Ich möchte auf diese Neigungen nun hier aber nicht mehr näher eingehen. Denn mittlerweile wünsche ich mir einfach nur noch eine Partnerschaft, die das Potenzial hat, dauerhaft zu bestehen und in der beide glücklich sind.

Ebenso möchte ich auch das ansprechen, womit ich mich von der Masse abhebe, um zu zeigen, damit ich nicht der typische 08/15 Behinderter bin, den man sich vielleicht erstmal vorstellt. Denn das bin ich gar nicht. 

Ich lebe in einer eigenen 110qm Mietwohnung mit zwei Untermietern, wo die Pflege von extern kommt, welche aber primär nur fürs Essen machen und fürs Bereitstellen einer Putzkraft zuständig sind. Ansonsten bin ich soweit mehr oder weniger selbständig. Das wollte ich hier auch mal erwähnt haben, damit hier nicht der falsche Eindruck entsteht, dass ich ein Pflegefall bin.

Ich habe einen gut bezahlten Job als Softwareentwickler im ersten Arbeitsmarkt, in dem ich auch von Anfang an drin war. Folglich war ich nie in dem zweiten Arbeitsmarkt und werde es auch wohl nie sein. 

Ich habe bereits in meiner Grundschulzeit mit sieben oder acht Jahren angefangen, zu programmieren, fast zeitgleich, als ich lesen und schreiben lernte. Dafür habe ich damals jede freie Minute aufgewendet, selbst die Schulpausen am Schulcomputer, während die anderen draußen auf dem Schulhof spielten. Ungefähr in der vierten oder fünften Klasse habe ich bereits meinen ersten, auch wenn noch recht simplen, 16-Bit x86 Assembler unter MS-DOS geschrieben, wo ich die debug.com praktisch als Vergleichsreferenz für den binären Instruktions-Byte-Stream verwendet habe. Im Laufe der Zeit habe ich mich an unzählige weitere Projekten heran gewagt. Dementsprechend bin ich bei meinem aktuellen Arbeitgeber sozusagen auch der universelle Programmierer, den man für alles einsetzen kann, da ich in dem Bereich nahezu alles oder zumindest recht vieles schon mal in irgendeiner Form gemacht habe. 

Abseits von der Programmiererei bin ich zudem auch als Hobby-Musiker aktiv, und als dieser sowie als Coder in der Demoszene unterwegs, wo ich auch mehrere nur 64 Kilobyte große Demos (sogenannte 64kb Intros) produziert habe, welche in Echtzeit berechnete Musikvideos als selbständige Programme sind, bei denen praktisch alles, was man sieht und hört, in Echtzeit durch Code und mathematische Formeln entsteht. Musikgenretechnisch fokussiere ich mich dabei eher auf elektronische Stilrichtungen, aber ich gehe nicht selten auch mal in klassische und nicht-elektronische Stilrichtungen; je nach aktueller Gefühlslage. Aber um Dampf abzulassen, sind dabei eher härtere elektronische Stilrichtungen bei mir oft im Vordergrund, auch wenn ich diese Tracks am Ende dann oft nicht veröffentliche, da diese vermehrt nur dazu da sind, um meine Gefühlslage wieder zu normalisieren.

Hiermit möchte ich zum einen ein öffentliches Bewusstsein für diese Thematik wecken – oder zumindest für den Anfang einige Denkanstöße liefern, dass es in diesem Bereich noch an allgemeiner Akzeptanz und Toleranz mangelt. Zum anderen hoffe ich – um ehrlich zu sein –, dass ich auf diesem Weg durch Zufall eine Frau erreiche, die es sich generell vorstellen kann, so etwas zumindest einmal zu versuchen, bzw. mich näher kennenlernen möchte. Langfristig wäre ich hierbei, je nach den letztendlichen Gesamtumständen, auch nicht regional begrenzt, wobei ich momentan jedoch auf die Mainz-Bingen Region beschränkt bin, da ich derzeit in Mainz mein Abitur am Nachholen bin.

Daher bitte ich euch nun, dass ihr diesen Beitrag teilt und verbreitet, sodass möglichst viele diesen Text lesen. Ich hoffe damit, die Situation in diesem Bereich hinsichtlich allgemeiner Akzeptanz und Toleranz für mich persönlich, aber auch für andere in ähnlichen Situationen wie meiner langfristig zu verbessern. Denn das wäre immerhin um einiges besser, als diese problematische Situation einfach hinzunehmen.

Euer Benjamin